Man nannte sie „la Panthère“- die Pantherin. Kaum eine andere Frau hatte zu ihrer Zeit einen so großen Einfluss auf die Schmuckbranche wie sie. Jeanne Toussaint setzte als Art Direktorin Trends bei Cartier, die noch heute einen großen Teil der Identität der Marke ausmachen.
Neben vielen zeitlosen Modetendenzen ist es vor allem der Cartier Panther, der sowohl Totem der Künstlerin selbst war, als auch Wegbegleiter für starke und wagemutige Frauen von gestern, heute und morgen.
Louis Cartier lernte Jeanne Toussaint während des Ersten Weltkriegs kennen. Sie und ihr gewagter, unkonventioneller Stil waren nicht zu übersehen. Tagsüber trug sie meist Dunkelblau mit flachen, bunt bestickten Stiefeln, abends mit Vorliebe chinesische Seidenpyjamas mit langen Perlenketten und Turban. Sie war ein „It-Girl“ ihrer Zeit, bewegte sich in avantgardistischen Kreisen, war Freundin von Coco Chanel und Künstler George Barbier. Ihre Stilsicherheit und ihr Gefühl für die Trends der Zeit faszinierten Louis Cartier sofort. Zunächst stellte er sie als Direktorin für Handtaschen, Accessoires und Objekte ein, 1933 wurde sie zur Chefin der Luxusschmuck-Abteilung und zur Nachfolgerin Louis Cartiers als künstlerische Leiterin ernannt. Diese Beförderung schlug Wellen, sie war ungewöhnlich für die Zeit. Die Position als Kreativdirektorin behielt Toussaint bis zu ihrer Pensionierung Anfang der 1970er.
Louis Cartier und Toussaint waren ein gutes Team: Cartier mit dem Wissen um Edelsteine, Schmucktechniken und Materialien, Toussaint mit ihrem Gespür für die Trends der Zeit, ihrer unerschöpflichen Kreativität, ihren persönlichen Kontakten, ihrem Gefühl für die KundInnen. Beide waren weltoffen, ließen sich von Reisen und anderen Kulturen beeinflussen, den Blick immer in die Zukunft gerichtet. Cartier belieferte unter Toussaint Königshäuser rund um die Welt, KünstlerInnen, SchauspielerInnen und Society-Größen schmückten sich mit ihren Entwürfen, die Toussaint oft in enger Zusammenarbeit mit den KundInnen gestaltete.
Jeanne Toussaint startete und beeinflusste Trends, die Cartier auch heute noch stark prägen und entscheidend zur Identität der Marke beitragen. Man nennt das den Goût Toussaint - den einzigartigen Geschmack der Visionärin, von deren zukunftsweisenden Ideen Cartier auch heute noch zehrt. Aber nicht nur bei Cartier sieht man das Wirken der Toussaint. Sie beeinflusste den Schmuck, die Gesellschaft und Trends ihrer Zeit. Unter Toussaint ging Cartier in den 1930er Jahren weg von Platin, hin zu Gelbgold. Bunte Farben, vielfältige Schliffe, unkonventionelle Formen, dreidimensionale und bewegliche Stücke, naturalistische Motive aus der Tierwelt wie Schlangen, Flamingos, Tiger und ihr Markenzeichen, Panthère, schmückten die starken Frauen in Paris und überall auf der Welt.
1948 tauchte Toussaints erster plastisch gearbeiteter Panther auf, ausgestreckt auf einem sehr großen Smaragdcabochon. 1949 entstand eine Brosche in Form eines hängenden Pantherfells, gestaltet nach dem Vorbild des Abzeichens der Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies - eine Form, die sich jahrzehntelanger Beliebtheit erfreute. Es folgten unzählige Variationen der Raubkatze, entworfen für die einflussreichen, kühnen und starken Frauen ihrer Zeit.
„Jeanne Toussaint hat ihre Raubkatzen immer maßgeschneidert für illustre Kundinnen modelliert, allen voran natürlich die Herzogin von Windsor“, so Pierre Rainero, Direktor des Kulturerbes von Cartier, in einem Artikel der "Presse", „nach ihrem Vorbild wollten plötzlich die reichsten und elegantesten Vertreterinnen der weltweiten Café Society ihre eigenen Raubkatzen, ob Panther oder Tiger.“
Frauen wie die 1920er-Jahre-Gesellschaftsberühmtheit, Mode-Ikone und Querdenkerin Daisy Fellowes, Mitglieder von Königshäusern wie die Herzogin von Windsor oder Prinzessin Aga Kahn, Schauspielerinnen wie Maria Felix und Monica Bellucci schmückten sich mit dem Symbol von femininer Eleganz, Stärke und Unabhängigkeit.
Und auch heute ist der Panthère ein Wegbegleiter für SchauspielerInnen und selbstbewusste TrägerInnen des Toussaint-Totems. Cartiers Symbol der Weiblichkeit, das der Welt zu sagen scheint: Ich bin selbstbewusst, entschlossen, leidenschaftlich, wagemutig und stolz darauf.
...Jeanne Toussaints Schmuck im Hollywoodfilm „Ocean’s 8“ eine Starrolle spielt? Im Film dreht sich alles um den Diebstahl des „Jeanne Toussaint“-Colliers, das die Visionärin und Jaques Cartier 1931 für den Maharadscha von Nawanagar gemeinsam designten und herstellen ließen.
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