Jedes Jahr schmücken wir unseren Christbaum mit Kugeln, Kerzen, Lametta, Glaselementen und (Stroh-)Sternen, von modern über ausgefallen oder traditionell bis hin zu vintage – die Möglichkeiten sind beinah unendlich. Liebhaber:innen von Vintage Christbaumschmuck kennen und schätzen Baumschmuck aus traditionellen Christbaumschmuck-Produktionsorten. Schnell kommen der filigrane Glasperlenschmuck aus Gablonz oder mundgeblasene Glaskugeln aus Thüringen in den Sinn. Doch verbindet man die Orte Wien oder Graz mit Weihnachtsschmuck?
Um 1920 bis Ende der 1980er-Jahre wurde international beliebter Christbaumschmuck in Österreich produziert, dessen Christbaumkugel-Käppchen oft das Label „Made in Austria“ zierte. Zu ihrer Zeit bekannte, aber heute beinah vergessene Produzent:innen, die die Welt mit ihrem glitzernden Baumbehang begeisterten, waren unter anderem die Firma Eggeling in Wien und Traismauer (NÖ) und die Alpenländische Christbaumschmuckfabrik Josef Wratschko in Graz.
Die Firma Eggeling produzierte schon ab 1924, damals als „Deutsch-österreichische Christbaumschmuckfabrik J. Eggeling“, Christbaumschmuck im niederösterreichischen Traismauer und in Wien. Gründer Josef Eggeling brachte Christbaumschmuck-Know-how aus der Thüringer Stadt Worbis mit, die für ihre Christbaumschmuck-Produktion seit 1840 bekannt ist. Er war vor Firmengründung für eine deutsche Christbaumschmuckfirma in Wien und bei der Firma Benda tätig, die bis 1912 in Traismauer Christbaumschmuck produzierte.
Der Christbaumschmuck von Eggeling galt damals als internationales Spitzenprodukt. Die Kugeln beeindruckten mit ihrer Größe und wurden international bekannt und berühmt. Handballgroße Ausmaße konnte der Schmuck annehmen – bei einem Durchmesser von bis zu 18 cm. Er schmückte Schaufenster von bekannten Kaufhäusern in London und New York.
Über die Jahre wurde die Firma immer wieder geringfügig umbenannt. Produktionsstätten und Niederlassungen gab es in Traismauer und Wien, zuletzt konzentrierte man sich eher auf Wien.
Man produzierte neben Christbaumkugeln und Glaselementen in vielen verschiedenen Formen und Farben auch Lametta und Lahnbänder beziehungsweise Girlanden.
Beliebt waren die mit leonischem Draht verzierten, silbernen Glaskugeln und Christbaumspitzen, die durch den Kontrast des Glases zum feinen Drahtgewinde eine besondere Wirkung erzeugen.
1975 stellte das traditionsreiche Unternehmen als „Wiener Christbaumschmuckfabrik Eggeling & Co“ die Herstellung von Advent- und Christbaumdekor ein, weil die internationale Konkurrenz immer größer wurde und man dem hohen Preisdruck nicht mehr standhalten konnte.
In Graz wurde 1947 die Alpenländische Christbaumschmuckfabrik Josef Wratschko gegründet, mit Fabrikgelände im Grazer Annenviertel. Der Schwager des Gründers produzierte ursprünglich medizinische Glasprodukte und man kam auf die Idee, auf Christbaumkugeln umzusatteln.
Die Enkelin des Firmengründers, Helma Sechser, war in ihrer Jugend öfter Ferialpraktikantin im Betrieb und erinnert sich in einem Interview an die aufwendigen Produktionsschritte: „Wir haben damals sogar die Christbaumspitzen noch händisch (...) [mit Silbernitrat] versilbert.“ Die Glaskolben wurden in der Glasbläserei die ersten Jahre per Mund, später maschinell, zu Kugeln geblasen. Sie hatten einen Durchmesser zwischen drei und zwölf Zentimetern. Die durchsichtigen Rohkugeln wurden anschließend mit Silbernitrat beschichtet. In einem weiteren Schritt erhielten die Kugeln eine bunte Lackierung und wurden später per Sieb- oder Tampondruck weiter veredelt. Anfangs produzierte man noch viel in Handarbeit, später wurden viele Schritte maschinell durchgeführt.
Die Firma konnte sich bis Ende der 1980er-Jahre in Graz behaupten. 1962 produzierte man Christbaumschmuck im Wert von 5,3 Mio. ATS. 57 Prozent des Baumschmucks wurden ins Ausland exportiert. Zwölf Jahre später, als es Eggeling & Co. schon eher schwer am Markt hatte, steigerte man die Produktion sogar um 60 Prozent gegenüber dem Jahr 1962. 1974 wurde in Graz Christbaumschmuck mit einem Erzeugungswert von 8,1 Mio. ATS produziert, mit einem Exportanteil von 81 Prozent. Zu Beginn der 1990er-Jahre orientierte sich die Firma zunehmend Richtung Ungarn, wohin 1997 auch der Firmensitz verlagert wurde.
Neben diesen beiden Christbaumschmuck-Herstellern gab es natürlich noch einige kleinere Christbaumschmuck-Produzenten in Österreich, die leider häufig in Vergessenheit geraten sind.
Vielleicht findest du ja beim Schmücken deines Christbaumes, bei deinem alten oder vererbten Weihnachtsschmuck, die eine oder andere Kugel, deren Käppchen mit Schriftzügen wie „made in Austria“ oder „Eggeling Vienna Austria“ verziert ist?
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