Anlässlich des zweijährigen Jubiläums unseres jungen Blogs pfand - Das Magazin legen wir eine alte Platte auf - die du garantiert noch nicht kennst! DJane Nostalgie persönlich nimmt uns mit auf eine Zeitreise durch mehr als drei Jahrhunderte Pfand-Tradition im Dorotheum, die auch und vor allem eines ist: eine Geschichte der Wertgegenstände, Gebrauchsgüter und Kultobjekte.
Als Kaiser Joseph I. das Dorotheum als Versatz- und Fragamt 1707 gründete, fungierte es als "Pfandinstitut, Auktionshaus und Verkaufsagentur für Immobilien, Mobilien und Dienstleistungen". Dementsprechend kommen wir auch beim Stöbern in alten Unterlagen und Fotografien nicht mehr aus dem Staunen heraus. Verblüfft lauschen wir den Anekdoten und Erzählungen lang gedienter KollegInnen in der Pfandleihe. Nicht nur dass dereinst ein Papagei (!) belehnt worden sein soll und heute so selbstverständliche Gebrauchsgegenstände wie Staubsauger, Rasierapparate und Fernsehgeräte die Tresore und Magazine der Belehnabteilungen bevölkerten. Auf historischen Pfandscheinen lesen wir fast exotisch anmutende Pfänder wie "Koffernähmaschine", "Lodenmantel" oder "6 Stück Frottierhandtücher" ...
Bei unserer Recherche treffen wir zudem auf Objekte, von deren Existenz wir noch nie zuvor gehört haben, erfahren nebenbei, was eine Repassiermaschine (zum Ausbessern von Laufmaschen) ist, bedauern, dass sich Erfindungen wie vibrierende Wimperntuschen nicht durchsetzten und lassen uns aufklären, dass anno dazumal sogar Bettziechen (1930er-Jahre) oder später Druckkochtöpfe zur Besicherung von Pfanddarlehen dienten.
Fortschritt und Wandel im Lebensstil veränderten laufend die Palette an Gegenständen, für die im Dorotheum in den vergangenen mehr als 300 Jahren Darlehen ausbezahlt werden konnten. Die Geschichte der Pfandobjekte ist zugleich eine Kulturgeschichte des Alltags und seiner (technischen) Errungenschaften, ein Abbild der jeweiligen Epoche und ihrer wertgeschätzten Objekte als Dokumente der Zeit und der Gesellschaft.
Noch in den 1990er-Jahren gehörten technische Geräte wie Videokameras und -rekorder zum Pfandalltag. Belehnt werden konnten damals übrigens auch noch Orientteppiche oder Pelzmäntel. Zu beliebten Pfandobjekten der 80er zählten elektrische Gebrauchsgegenstände wie Nähmaschinen, Rasierapparate und Handtaschen oder auch Gewehre und Beiwagenmaschinen.
Eine mitunter übliche Praxis war es, während der Woche einen Wertgegenstand diskret im Pfandhaus zu deponieren und ihn zum Wochenende hin wieder auszulösen. Viele praktizierten diesen Usus auch mit ihren Pelzen: Während der warmen Jahreszeit wurden sie - sachgemäß vor Motten geschützt - im Pfandhaus deponiert, im Winter löste man die guten Stücke wieder aus, um sie auszuführen.
V.l.n.r.: Küchenmaschine Starmix, Röhrentrockenhaube Silent 1930/40, Massagegerät Privileg 1965-1975 © Technisches Museum Wien
Bis in die 80er- und 90er-Jahre konnte man beispielsweise Plattenspieler und Küchenmaschinen gegen ein Pfanddarlehen tauschen. Anders als heute waren Mixer, Nähmaschinen & Co als technische Innovationen in den 70ern von Wert und als Pfand akzeptiert - ebenso wie Fotoapparate, Radiogeräte, Bohrmaschinen, Klappräder, Bleikristallgläser und Bügeleisen, die ebenso von den Regalen der Pfandmagazine lachten wie ein Sammelsurium aus Eislaufschuhen, Kassettenrekordern oder Dirndlkleidern. Dazu gesellten sich Kultpfänder der 50er und 60er, wie etwa Fernsehapparate, Staubsauger und Mixer, aber auch Männeranzüge, Muffe, Pelzkrawatten, Taschen, Tafelgeschirr aus Porzellan und luxuriöse Koffer – mit und ohne Silberbesteck –, Tischwäsche, Teppiche, Schreibmaschinen bis hin zur original verpackten Unterwäsche.
V.l.n.r.: Kleinkochgerät Savarus super 1953-59, Dampfglättgerät Rowenta 1975-76 © Technisches Museum Wien
Bei der Belehnung von Büchern hatten in der Prä-Internet-Ära Lexika noch einen hohen Stellenwert. Und auch für Silbermünzen, die, in Alben gesammelt, auf bis zu drei Kilogramm Gewicht kamen, konnten Pfand Darlehen gewährt werden.
Gegenstände aus Silber spielten auch in der Zeit um 1900 eine große Rolle, heute sind diese Objekte gefragte Lots bei Auktionssparten wie Silber oder Jugendstil.
Weniger gut greifbar sind die Jahrhunderte davor – sie stehen ebenfalls ganz im Zeichen von wertvollen Materialien. Geschätzt waren Porzellanservice, Glaspokale und Deckelhumpen, Kupfergerätschaften, Kaminuhren, Tischwäsche, die Garderobe der modern gekleideten Dame von Welt oder Musikinstrumente. Einmal soll ein Pfandgeber auf seinem Akkordeon ein letztes Ständchen zum Besten gegeben haben, bevor er das Instrument dem Schätzmeister zur Verwahrung auf Zeit übergab ...
Während aktuell junge Sparten wie Smartphones,Tablets und E-Bikes das Pfandgeschäft im Dorotheum abrunden, hat die traditionelle Sparte der Juwelen und Uhren nichts an ihrer Beliebtheit eingebüßt. Im Gegenteil, Schmuckstücke, Barren und Münzen aus Gold sind nach wie vor ein zeitenüberdauernder Garant für ein hohes Darlehen im Dorotheum, für das man auch bequeme Online Services nutzen kann.
Mit Dank an das Technische Museum Wien, das uns freundlicherweise historisches Bildmaterial zur Verfügung gestellt hat und das die empfehlenswerte Ausstellung „geliebt – gelobt – unerwünscht. Haushaltsdinge zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ kuratiert sowie an alle Kollegen und Kolleginnen, speziell den treuen "Perlen", bei Dorotheum Pfand für ihre Unterstützung bei der Recherche.
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